Recht unterschiedlich war das Erinnerungsvermögen weiterer Zeugen am Tag 99. Mit teilweise sehr guten Erinnerungen wartete der letzte Zeuge des Tages, der frühere VIG-Finanzvorstand Martin Simhandl, auf. Simhandl war damals in dem Versicherungskonzern für die Verhandlungen mit den Konsortialpartnern über den Kauf der Bundeswohnbaugesellschaften zuständig. Die Wiener Städtische hatte ca. 10 Prozent Anteil am Österreich-Konsortium.
Er habe mit seinem Pendant bei der Raiffeisenlandesbank OÖ (RLB) regelmäßig Kontakt gehabt. Bei der zweiten Anbotsrunde habe ihm die RLB zunächst einen neuen Preis und dann in Folge noch einen
höheren Preis mitgeteilt. Diese sei dann an der oberen Grenze gelegen, den die Versicherung bereit war, zu zahlen.
Der Grund, warum das Konsortium in der ersten Anbotsrunde auch Zusatzangebote gemacht habe, seien taktische Überlegungen gewesen. Das Signal sei gewesen, dass es noch einen Spielraum beim
Preis gebe. Simhandl bestätigte damit auch Aussagen, die vor wenigen Tagen der mit der Preisfindung befasste RLB-Manager Johann Schillinger als Zeuge tätigte.
„Warum nicht, was hat das Land Kärnten nicht alles bezahlt?“, antwortete Simhandl auf die Frage, ob das Land Kärnten die ESG überhaupt hätte kaufen können. Letztlich zog nicht Kärnten das
Vorkaufsrecht, sondern kaufte die Immofinanz die restlichen Teile der ESG. Laut Simhandl war man bei der Versicherung mit dem erzielten Preis sehr zufrieden. Der von der Immofinanz angesetzte
Kaufpreis für die ESG sei noch über dem ohnehin schon sehr hoch angesetzten Preis im Angebot gelegen. Das habe einer Bewertung von rund 8 Prozent Verzinsung für ein Jahr entsprochen.
Eine Einmischung des damaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser ins Bieterverfahren habe er nicht gesehen, seiner Wahrnehmung nach sei es korrekt abgelaufen.